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Stählernes Skelett trifft alte Handwerkskunst

Auf dem Dachboden der alten Vogtei laufen die Stahlträger des Exoskeletts zusammen.

Eine Baustelle, wo Lehm und Schilfrohr gemeinsam mit Holz als Baustoffe verwendet werden? Tatsächlich kommen bei der Restaurierung der alten Vogtei viele traditionelle Methoden zum Einsatz. Grundsätzlich gilt der Anspruch: möglichst viel von der Originalsubstanz erhalten und dort austauschen, wo es unumgänglich ist. So wie bei den Decken, die teilweise lediglich um neue Balken ergänzt wurden, in anderen Räumen dagegen komplett neu entstanden sind. Wegen der hohen denkmalpflegerischen Anforderungen des Gebäudes werden die Arbeiten an vielen Stellen in historischen Bautechniken ausgeführt. Zu diesen sehr zeitintensiven Techniken gehört es, Jahrhunderte alte Baustoffe der Vogtei – wie etwa alten Lehm – zur Rekonstruktion aufzuarbeiten und wiederzuverwenden. Um den hohen Ansprüchen des Bauwerks gerecht zu werden, geht es beim Innenausbau teilweise zu wie vor 300 Jahren, als die Vogtei erbaut wurde.

Gar nicht von gestern ist das sogenannte Exo-Skelett aus Stahlträgern und -stützen, das sich im Inneren des Gebäudes von ganz unten bis hinauf zum Dachboden erstreckt und den es wie ein Geflecht überzieht. Das stählerne Gerippe stabilisiert die Statik des Hauses und sorgt dafür, dass die Last des Daches auf den dicken Außenmauern sowie neu gegründeten Stahlstützen ruht. Zum Einbau des Skeletts musste in der Vogtei eine Bohrpfahlgründung vorgenommen werden: Jeder Stahlpfeiler ruht auf einem tief ins Erdreich getriebenen Bohrpfahl. Eine schwierige Arbeit für die Fachfirma, da hier nicht das bei Neubauten übliche schwere Gerät zum Einsatz kommen konnte. Zu sehen sein wird von dieser Herausforderung mit Fertigstellung des Gebäudes nichts mehr, das Exo-Skelett bleibt künftig hinter Verkleidung und vor allem im Bereich des, für die Öffentlichkeit nicht zugänglichen, Dachstuhls verborgen.

Wer einmal ein altes Haus von Grund auf erneuert hat, weiß, dass immer wieder Überraschungen lauern: in den Mauern, hinter Wänden, unter Böden. Beim Innenausbau der Vogtei passiert es immer wieder, dass neue Probleme auftauchen, für die individuelle Lösungen gefunden werden müssen. Oft ist Feinarbeit gefragt, alte Handwerkskunst und viel Muskelkraft. Den Ersatz für die alten maroden Fensterrahmen etwa bildet der Schreiner den original Vorbildern nach.

Das Dach erhält eine komplett neue Bedeckung aus Schieferplatten samt Unterkonstruktion. Soweit es möglich gewesen ist, tragen die uralten Sparren der originalen Bausubstanz die Platten. Die historischen Eichenbalken sind teilweise so stark verhärtet, dass Spezialbohrer eingesetzt werden mussten, um das Exo-Skelett in diesen zu verankern. Der alte Dachstuhl wird durch neue Holzbalken ergänzt und so sicher stabilisiert.

Auch im Garten der Vogtei wurde einiges getan, um das gewachsene Erscheinungsbild zu erhalten. So sind die Kronen der alten Linden gesichert worden und der barrierearme Fußweg von der Kaiserstraße hin zum Gebäude verläuft so, dass keine Bäume gefällt werden mussten. Zur gewohnten Optik gehören auch die weiß verputzten Außenmauern. Die jetzt zu sehenden Natursteine werden wieder unter einer Putzschlämme verschwinden – nicht zwingend aus optischen Gründen denn vielmehr aus der Notwendigkeit, das Gemäuer gegen Witterungseinflüsse zu schützen.

Bis die fertig restaurierte, umgebaute und erweiterte historische Vogtei für verschiedene Nutzungen eröffnet werden kann, sind noch etliche Monate intensiver Arbeit notwendig. Im Frühjahr 2024 soll es dann soweit sein: sofern die alte Dame nicht noch weitere Überraschungen bereithält.